Ich habe im März 2013 von heute auf morgen beschlossen, dass mich die dauernden Reposts von schlechten Witzen, die dank Facebook aber nun zu Bildern geworden sind, nicht mehr interessieren. Ich habe kein Interesse daran, zu sehen, was Ihr alle Mittags zu Euch nehmt – und wie es Stunden später unter welchen Umständen auch wieder erneut das Licht der Welt erblickt. Schlechte verwackelte und überbelichtete Bilder aus Fussball-Stadien oder im Freibad… wunderbar, aber: not my kind of information. Daher stieg ich aus. Einfach so. Und habe es bis heute nicht bereut – aber eben auch durchgehalten.
„Hast Du schon gesehen, der Post auf Facebook von…“ – „Nein!“
„Äh… wie nein? Der kam gerade, dass musst Du doch gesehen haben?!?“ – „Nein, ich bin nicht mehr bei Facebook – schon seit über einem Jahr nicht mehr!“.
Verdatterter Gesichtsausdruck. „Wie, nicht mehr… Aber… Du postest doch noch…“ – „Ja, aber vollautomatisiert. Und wenn die Berechtigung dafür ausläuft, ist mir das auch egal!“.
Entsetzter Gesichtsausdruck. „Aber dann weißt Du ja gar nicht, was auf der Welt so passiert!“ – „Oh doch, und zwar in Echtzeit und wenn ich dabei bin, auch in Farbe…!“
Kurz gesagt, ich habe im März letzten Jahres beschlossen, dass alleine das passive durch-die-Timeline-blättern für mich eine reine Zeitverschwendung darstellt. Vor allem, die die Witze-Newsletter aus meiner Jugend als Bild-Reposter nun auf Facebook aktiv sind. Und Witze, die ich vor 25 Jahren schon scheiße fand, werden mit Bild nicht besser. Aber sie verschwenden mehr Platz in einer schnell zu screenenden Timeline.
Also, der radikale Ausstieg. Von heute auf morgen. Keine Timeline mehr, keine Updates, keine Freundschaftsanfragen. Keine Chats.
Aber dafür im ersten Moment mindestens zwei Stunden mehr Lebenszeit pro Tag. Das summiert sich und entspannt stressige Tage ungemein. Und, nach kurzer Zeit, macht es sich sehr positiv bemerkbar.
Ich halte dies nun bereits seit über einem Jahr durch. Und… was soll ich sagen: mir fehlt nichts. Nicht die dauernden schlecht getarnten Werbungen, die Timeline, die sortiert wie sie will, die immer und immer wieder neu geposteten Posts, die einem die Übersicht stehlen – und Facebook in Summe fehlt mir gänzlich nicht die Bohne.
Ich kann den Trend bei den Teens verstehen, dass „Facebook nicht mehr cool“ ist. Gut, hier ist das Problem, dass, aufgeschreckt durch Mobbing und Hetze, Eltern nun doppelt und dreifach mit wirrsten Accounts und Ideen ihre Kids auch online zum Wahnsinn treiben. Aber… Facebook ist nicht mehr cool. Facebook ist total verzweifelt. Mit planlosen Einkäufen von Firmen, die von wired, Inc. oder sonstigen Insider-Zeitschriften das Siegel „cool“ oder „must-have“ bis „digital native“ umgehängt bekommen. WhatsUp weil da die Kids sind? Kids sind da, das ist wahr. Und auch die Abmeldewelle war gleich null. Aber wieso? Weil Facebook bisher seine Datenkrallen noch nicht ausgefahren hat.
Mir hat WhatsApp ein lebenslanges werbefreies Dienstleisterverhältnis zugesichert – tja, Facebook, sehe nur ich da ein Problem? Auch sind die Daten von WhatsApp nicht einfach zu sammeln und zu verkaufen. „Leute, die Ihrer besten Freundin das was Du geschrieben hast, haben aber auch an Stefan geschrieben!“ oder „Marie hat gerade auf den Post von Schnecki mit ‚lol rofl <3‘ geantwortet“ ist nicht die Art und Weise, wie digitale Kommunikation funktioniert.
Gut, mit der VR-Brille könnte Facebook zufällig, je nachdem, welches Spionageinstrument sie daraus machen, ein Brüller gelingen. Aber jede App und jedes Bild immer noch durch den FB-Server jagen zu müssen… ich bin gespannt was hier wird.
Auch zeigt sich die Verzweiflung bei den „me-too“-Softwares. Snapchat – Zack, hat Facebook einen Konkurrenten. Poke – nutzte keiner, weg damit. Chat raus aus der App, rein in die App, doch wieder raus aus der App… das ist keine Strategie, das ist Trail-and-Error eines Börsenkonzerns, der sein eigenes Geschäftsmodell nicht mehr kennt.
Ich habe schon immer gesagt, dass der Börsengang Facebook vom Markt fegen wird. Nun sieht es so aus, als ob Facebook das sogar, dank Zukäufen, die die NASA gerne im Budget hätte, selbst erledigt. Für diverse „coole“ Läden diese Milliardenbeträge… eigentlich hat sich Facebook, Spekulation hin, Börsenwert her, damit nun doppelt selbst verkauft. Nur will das aktuell noch keiner merken, in Spannung auf das „große Ganze“.
Ich für meinen Teil bin schwer gespannt, wann auch meine letzte Berechtigung für „automatische Posts“ ausläuft und mein Profil nur noch vor sich hin darbt… oder ob ich mit einer „finalen Abmeldung“ nicht doch schneller bin, als gedacht…