Man muss es nur mal bei Google eingeben, um schockiert festzustellen, dass das Problem nicht an einer Firma festgemacht werden kann – auch wenn es hier spezielle „Helden“ gibt, die es einfach nur ganz besonders schlecht machen. Ebenso liegt es nicht an der „ich-habe-es-ja-gleich-gewusst!“-Branche, die einfach keinen Change hin bekommen. Das merkt man schon an den Zahlen: mal gehen neun von zehn Projekten schief, dann nur knapp 50%. Es ist also auch eine Sache des Blickwinkels und der konkreten Fragen – aber, nichts desto trotz: Warum gehen denn nun so viele Change Projekte schief und dürfen nutzlos so viel Geld verbrennen?
Klar, wer eine Studie bringt – und Google ist voll davon, ebenso die Wirtschaftswoche oder auch der Harvard Business Manager – hat auch immer die „Schuldigen“ identifiziert. Aber spielen wir doch mal eine typische Situation durch:
Unser Unternehmen ist in seiner Nische zu einem gewissen Teil Marktführer oder Technologie-Führer. Interne Abläufe sind von der Professionalität irgendwo zwischen „agil, da wir uns die Startup-Kultur erhalten wollen“ oder „klarer Prozess-Sammlung und -umsetzung“. Also zwischen Mittelstand und Großkonzern.
Warum also ändern?
Nun – das kann ein Artikel im Handelsblatt gewesen sein, dass den CEO oder CTO aufgeschreckt hat und nun panisch einem Trend hinterher gelaufen wird, der sich sonst 100%ig disruptiv auf die Branche auswirkt. Oder, ein wenig schlimmer: die Kunden sind bereits in der Neuorientierungsphase, da die Produkte nicht mehr ganz so den modernen Touch oder die beste Programmierung/das modernste Projektmanagement, und und und, bieten.
Und wenn man nun schon dabei ist, ein wenig zu graben und sich neu aufzustellen, tun sich meist weitere Probleme auf, die man bisher einfach ignoriert hat. Und siehe da: schon hat man, neben dem eigentlichen Change Projekt noch eine zweite Baustelle. Allerdings wird die in vielen Fällen fahrlässig an das Change Projekt genagelt, frei nach dem Motto: Wenn schon Änderung, dann aber auch richtig! Und was schadet schon das kleine Anflanschen – wir sind doch alle Projektmanager/agil/flexibel oder sucht Euch einer weitere Bullshit-Ausrede aus.
Und Probleme gibt es heute ja genug: Sei es der schlechte Draht von einem Standort zur Konzernmutter, die schleppende und unvollständige Umsetzung der DSGVO – ja, da happert es bei vielen Unternehmen immer noch! -, die plötzlich-behördliche Nachfrage nach den Arbeitnehmeranteilen mit Einschränkungen und drohenden Strafzahlungen oder, eben auch ganz banal, dem „plötzlichen“ Zwang, eine Frauenquote zu etablieren, weil man sich heutzutage eine Nullquote nicht mehr verargumentieren traut – auch, um für jüngere Bewerber attraktiver zu wirken – in welchen Zusammenhang genau das steht, kann ja jeder für sich selbst beurteilen.
Und, ja klar: dann könnte man den Bewerberprozess gleich noch neu steuern, so ein kleiner Prozess mehr macht ja im großen Change-Universum nicht mehr viel Mühe und ein Projektleiter ist dann ja auch schon da – also, noch ein Sahnehäubchen in einem ganz anderen Bereich „on top“.
Kurz nachdem der Change intern gestartet ist, machen sich erste Probleme auch innerhalb des, nennen wir ihn hier einfach mal exemplarisch „OFK“, des oberen Führungskreises, bemerkbar. Da ist der Bereich „Strategie“ nicht für Anpassungen bereit, wenn die Einheit „Entwicklung“ mit eigener Strategie und Kundenorientierung droht, da sie sich in der Gesamtstrategie nicht wieder finden.
Aber nichts, was ein Coaching nicht auch noch parallel lösen könnte.
Kurzes Zwischenfazit:
Ein Trigger, durch den charmanten/charismatischen/stoischen/etc. CEO und seine Kurz-/Weitsichtigkeit oder dem blinden Nachlaufen von Trends oder eben durch nun für jedermann ersichtliche Kunden-Nachfrage-Strategie-Änderungen haben einen vermeintlichen Change ausgelöst – der erst Mal das Unternehmen mit sich selber beschäftigt – und dann tauchten am Horizont auch noch weitere gravierende Probleme auf, die an sich für jedes davon einen eigenen Change-Prozess rechtfertigen würden. Und da ein Change sowieso schon beschlossene Sache ist, kann „der Rest“ ja quasi als Abfallprodukt gleich mitgeändert werden.
Kleiner Einwand an dieser Stelle: der vermeintliche Change wurde durch ein Gespräch mit dem Kunden-Lieferanten-Auftraggeber oder egal welcher Schlüsselfigur in einem persönlichen Gespräch bestätigt und basiert nicht nur auf rüden Vermutungen oder Deutungen einer Laune aus einem Meeting heraus… ODER? Oder, noch schlimmer: die Konkurrenz bewegt sich in diese Richtung und es wird ihr einfach blind gefolgt, da sich ja der Markt im Wandel befindet – und das einfach mal pauschal, ohne genauere Betrachtung der Realität oder eben einem Kundengespräch?
In dieser Konstellation garantiere ich Euch, dass wirklich die üblichen Faktoren zusammen spielen, die den Change an die Wand fahren – aber nicht, ohne maximal möglich Geld für Nichts zu verbrennen.
Fassen wir es nochmal kurz zusammen, es ist ja schon allerhand passiert und dann noch die eine oder andere Erweiterung dazu gekommen:
Da wäre zu aller Anfang schon mal die wackelige Strategie – bevorzugt durch Konkurrenzbetrachtung oder auf einer wagen Aussage eines Nebensatzes in einem halbwegs aktuellen Kundengespräch.
Einfach mal so einen Change Prozess starten, ist eine gute Idee, wenn man Schnelldreher ins Regal stellt, deren durchschnittlicher Lebenszyklus von Aldi-Prospekt zu Aldi-Prospekt springt. Aber in einem halbwegs gesunden und bisher auch wirklich erfolgreichen Unternehmen sollte man erst auf die Strategie gucken, um festzustellen, ob es den Wechsel braucht und wie er sich in der Strategie wieder finden wird – und auch in der Vision, als übergeordnetes Leitbild. Und ob und wie er in die eigentliche Mission des Unternehmens passt – nur dann ist das, was wir so leichtsinnig als „Strategie“ bezeichnen, komplett: Vision – Mission – Strategy – ein Klassiker der BWL-Lektüre – aber nicht jeder Führungskraft bekannt und nicht bei jedem Projektleiter auf der ToDo-Liste.
Ich kenne jetzt jeden, der mit Schnappatmung sagt: „Steve, bei mir brennt die Hütte, was interessiert mich in Gottes Namen meine Vision oder meine Strategie?“. Genauso könnte man jetzt sagen: „Was interessiert mich Kommunikation an die Mitarbeiter, Schwund ist immer und um die, die jetzt gehen, ist es nicht schade!“. Beides banale Denkfehler. Wenn der Laden kippt, gehen zuerst die guten, da die mit einem Anruf einen neuen Job haben. Und was die Vision und Strategie betrifft: Wenn ich Nummer 10 von zehn Anbietern bin, aber seit 10 Jahren die Vision „Nummer eins unseres Marktes“ zu werden, hilft mir ein Kunden-orientierter Change auch nicht unbedingt weiter – es wäre hier interessanter, die Gründe für den dauerhaften letzten Platz näher zu beleuchten, statt Geld für den ziellosen internen Umbau auszugeben.
Aber nun weiter im Text: Wir machen Change. Und die Strategie hat gefälligst zu passen – und in Summe zimmern wir das alles so, dass es irgendwie mit der Vision und Mission passt – sofern das überhaupt vorhanden ist.
Ende Teil eins – weiter geht es nächste Woche!
Ich bin gespannt auf Euer Feedback! Habe ich Eure Geschichte und Eure Beispiele schön in ein Weltuntergangsszenario verwandelt – oder kommt Euch mein Hirngespinst mehr als nur bekannt vor? Oder habt ihr noch was, was ich – vielleicht im Nachgang – noch verwenden und in ein neues Projekt verbauen soll?
Ich freue mich auf Eure Rückmeldungen und hoffe, wir hören uns nächste Woche bei Teil 2 wieder! Machts gut bis dahin und viel Erfolg mit Eurem Change Management Projekt(en)!
Meinen PodCast abonnieren: | direkt | iTunes | Spotify | Google |