Ich bin in einer Zeit im Internet groß geworden, wo man zu Hause seine eigene Sun oder Silicon Graphics mit einem, idealerweise schnellen, Kabel, das über Modem das Internet gebracht hat, verbunden hat. Um dann herauszufinden, was von den Unix-Kenntnissen im Informatikstudium noch übrig waren. Leichter wurde es, als der erste Apple einzog – aber der größte Flaschenhals damals in Deutschland waren die Internetgeschwindigkeiten: Wer will und wollte schon eine 56k-Leitung für einen Webserver benutzen? Das alles änderte sich, als nicht mehr nur AOL und die Telekom das Internet ins Haus brachten, da kamen die ersten Server-Mieten und Domainkäufe zu erschwinglichen Preisen. Und diverse Softwareprodukte wie GoLive und Dreamweaver ermöglichten ohne viele Vorkenntnisse und mit wenigen Klicks eine ansehnliche Webseite zu erstellen. Davon ist nicht mehr viel übrig, aber die sogenannten Webbaukästen sind noch da… und wie immer gibt es schwarze Schafe… und einer, der mit viel Werbedruck arbeitet, musste ich miterleben: wix.com.
Es könnte so einfach sein
Du hast also eine Idee. Damit lässt sich Geld verdienen. Wahrscheinlich viel Geld. Aber bevor es losgehen kann, brauchst du, willkommen in 2024, eine Webseite. Und nicht eine mit blinkenden Schriften, nicht lesbaren Gif-Blinke-Grafiken und vielen WhatsApp-Smileys. Nein, was Seriöses. Und zu der Webseite braucht es auch eine passende, seriöse Domain. Oje, woher nehmen, wenn nicht stehlen?!?
Eine kleine Google-Suche kann helfen:
Man sieht es auch an dem Bild, dass ich im Blog ganz oben habe: Unter der Suche „eigene Webseite erstellen“ kommt als Erstes wix.com. Das nenne ich mal Werbebudget, auch, da die nachfolgenden Treffer sich um Vergleiche von Anbietern bei Chip und Computerbild handeln.
Aber das trifft sich gut, bei mir soll es heute um wix.com gehen. Kurz gesagt: Der Weg dahin ist einfach. Egal, ob man eine Domain mitbringt oder eine bei wix kauft. Der Einstieg liegt bei knapp 12 Euro, wobei es die Domain für ein Jahr geschenkt gibt.
Ich habe ein wenig gespielt – aber immer, egal, was ich machen will, wix empfiehlt mir blindlings immer das Business Paket für über 35 Euro im Monat. Happig, wenn ich mir vorstelle, was eine eigene Domain und „freier“ gemieteter Webspace so kostet.
Aber da steckt eben auch kein „professionelles Design“ für alle Lebenslagen dahinter, so wie es bei wix dann ausgesucht und umgesetzt werden kann.
Wer nun ein wenig über die sehr übersichtliche Marketing-Tabelle nach unten blättert, gewinnt mehr Lesestoff in Form von Details. Auffällig, dass in allen Tarifen eine eigene Domain verbunden werden kann. Wie bitte kann ich eine Domain verbinden? Entweder, ich „überführe“ sie oder ich binde meine Webseite per Frame oder etwas fortschrittlicheren direkt ein – aber dafür muss ich sie nicht verbinden. Was bitte heißt verbiden?
Was wix darunter versteht, durfte ich bei ein bisschen Schützenhilfe, erfahren. Was war passiert? Eine Domain wurde zu wix transferiert und ein Webspace von wix aufgeschaltet. Erwartungen wurden nicht erfüllt, also sollte der Web-Bereich aufgegeben werden und die Domain wieder zurücktransferiert werden. Und hier zeigen sich die Schattenseiten von wix.
Ich rief an und stellte mich als unterstützende Person vor. Dies hatte aber gute 20 Minuten Wartezeit in der Telefonschleife benötigt. Die Dame war hilfsbereit. Allerdings verstand die von Anfang an nicht so wirklich, was ich wollte. Ich versuchte es erneut: Die Domain zu Vertrag 12345 möge freigegeben und für einen Transfer auch einen anderen Webauftritt freigegeben werden. Laut Aussage der Dame ginge das problemlos über das Menü im Kundenbereich, also nach dem Einloggen. Ich war eingeloggt und suchte – fand aber nichts, gut, dass ich die Dame noch am Ohr hatte. Sie musste suchen. In den Hilfetexten, die ich vor dem Anruf auch schon mit einer gewissen Verzweiflung durchgearbeitet hatte. Aber ähnlich wie bei mir, las sie mir eine wohl veraltete Version vor. Die Menüpunkte hießen anders, die Untermenüs beinhalteten andere oder komplett neue Auswahlmöglichkeiten.
Ich wollte es wissen: Ein Blick in die Hilfe zum Erstellen der Webseite: SO sieht das also aus, wenn wix.com seine Texte aktuell hält. Hier passte Hilfe zu Menü. Also, zurück, nun über Google, auf die Hilfeseiten, immer noch mit der Dame am Telefon. Es passte nicht. Ich las sie laut vorlesen, während ich apathisch durch die Menüpunkte klickt. Doch Moment, da war was. Sehr verklausuliert formuliert, aber ich konnte hier die Domain „anfordern“. Kurze Rücksprache mit der Dame. Ja, hier die neue Domain eingeben, zwei, drei Daten des Eigentümers hinterlegen, Transfer wird innerhalb 24 Stunden umgesetzt. Es war Freitagabend.
Bis Samstag gleiche Zeit passiert: nichts! Also sprang mir der Eigentümer der Domain zur Seite und führte ebenfalls ein Telefonat. Von der Dauer ganz zu schweigen, aber mit spannendem Ergebnis: Die Domain wäre nicht mehr bei wix. Aha. Eine DENIC-Abfrage wiederum bewies das Gegenteil. Erneuter Anruf.
Nun die Aussage, dass die Domain wix nicht bekannt ist und auch nie bei wix angemeldet oder transferiert wurde. Diametral entgegen meinem Telefonat, dem Formular für die Mitnahme und allem, was im Netz als Hilfe zu finden ist.
Und die DENIC sagt immer noch: Domain bei wix.com.
Da die Anrufe nichts brachten und wir nach interner Abstimmung des Erlebten das Gefühl nicht loswurden, dass man im kostenfreien Tarif nicht gern gesehen ist und hier auch kein weiterer Support kommen würde, setzte ich mich mit der DENIC in Kontakt.
In dem Gespräch hatte ich nicht das Gefühl, dass wix ein gern gesehener Gast ist, aber er scheint, trotz seines seltsamen Geschäftsgebarens und den echt teuren Preisen, die er aufruft, jedoch mal Traffic und Domains zu bringen. Aber, und das sollte man sich merken: Wenn eine in den Zuständigkeitsbereich der der DENIC, also alle .de-Domains, betroffen sind, kann die DENIC dem aktuellen Besitzer durch einen Antrag des Eigentümers der Domain schnell und unkompliziert helfen.
Und genau diesen Joker haben wir gezogen. Vorbei an weiteren langatmigen Telefonaten, mit „Call Agents“, die es wahlweise nicht besser wussten oder, welcher internen Vorgabe auch immer folgend, alles taten, um uns falsch und fehlerhaft zu informieren. Und innerhalb fünf Werktagen war die Domain wieder da, wo sie hin sollte, in der Hand dessen, dem sie gehört.
Was für ein Trauerspiel.
Aber lasst mich meine Erfahrungen nochmals zusammenfassen:
Die textuellen Hilfe-Seiten, die im Netz stehen, sind veraltet, beinhalten alte oder mittlerweile sogar falsche Bildschirmfotos, die nicht und in seltenen Fällen kaum noch brauchbar sind. Mein Versuch, bevor wir beschlossen, die Domain umzuziehen, doch noch einen brauchbaren Webauftritt zu stricken, scheiterte kläglich, da Beschreibung in der Hilfe und vorhandene und zu nutzende Funktionen diametral auseinander gingen.
Mein absolutes Highlight war eine Anleitung zur Einbettung einer weiteren Webseite, kurz gesagt, eine Frame-Lösung, die entlang der Hilfe nicht ansatzweise mit irgendetwas übereinstimmte, was auf der wix-Webseite als Werkzeuge zu finden war.
Auch stellt man an allen Ecken fest, dass man als nicht zahlender Kunde mehr als nur unerwünscht ist. Ich zog, wohl wissend, dass ich hier was Falsches sage, mit meinem Anruf beim Call-Center bewusst die Karte, wie es denn sein könnte, dass mein bezahlter Auftritt nun nicht mehr reibungslos klappen würde. Um mir so nebenbei die Info geben zu lassen, es handle sich gar nicht um einen bezahlten Auftritt. Was ich abbügelte und direkt in die Vollen ging, um doch noch ein paar Infos zu bekommen. Die nur leider nicht mit der aktuellen Webseite übereinstimmten. Es war so katastrophal, dass selbst die Dame am Telefon mit Google den Link zu dem Formular für die Mitnahme der Domain ermitteln musste, weil die Links, die ich bereits vor dem Telefonat gefunden hatte und die nicht funktionierten, auch bei ihr keinerlei Funktion oder nur Fehlermeldungen brachten. Und dass trotz ihrer Zusage, dass die Domain sich jetzt auf den Weg machen würde, nichts passierte. Dass der darauffolgende Agent am Telefon mir ganz was anderes erzählte, muss ich nicht erwähnen, oder? Und dass es sowieso ein Husarenstück war, an der Hotline überhaupt endlich jemanden ans Telefon zu bekommen… geschenkt!
Jetzt noch meine Erfahrung mit dem Aufbau einer Test-Webseite als auch den Vergleich mit Mitbewerbern, die ebenfalls Webseitenbaukästen anbieten, anzustreben, schenke ich mir. Ich könnte aus Prinzip kein gutes Haar an wix lassen – außer, dass sie wohl einen wirklich enormen Werbeetat in der Hinterhand haben…
Kurz gesagt
Ich hatte ja nie vor, Kunde bei wix zu werden, daher müsst ihr selbst wissen, ob diesen Service in Betracht ziehen wollt oder nicht.
Ich erlebte veraltete Hilfeseiten im Netz, mit ebenso veralteten Bildschirmfotos, die in vielen Fällen keine Hilfe darstellten. Und ohne ein bisschen Hintergrundwissen zum Aufbau und Gestaltung von Webseiten mit HTML und CSS wäre ich wohl noch verlorener gewesen.
Die Hotline ist, allein was die Telefonnummer auf der Seite zu finden, schwer zu erreichen. Zwei Anrufe, zwei Meinungen. Und wir hatten in Summe wesentlich mehr Anrufe…!
Was die Falschaussagen anging, verstehe ich bis heute noch nicht, was das Spielchen sollte, auf Teufel komm raus die rechtmäßig nicht wix gehörende Domain nicht herausgeben zu wollen. Symbolisch hierfür die Google-Suche der Dame, mit der ich sprach, die auf der wix-Webseite und der wix-Hilfe, ebenso wie ich, nicht zu dem Transfer-Formular für die Domain fand.
Merke: DE-Domains können, wenn der Hoster sich quer stellt, per Antrag bei der DENIC, der auch ein paar Euro gekostet hat, zwangszurückgeführt werden! Die haben auch eine unfassbar kompetente Hotline – die mir auch sofort bestätigten, dass die Domain immer noch zu wix geroutet wird…
Lange Rede, gar kein Sinn: Wenn wix der letzte Anbieter für Webseiten auf diesem Planeten wäre, ich hätte keine mehr. Und eine Domain wahrscheinlich auch nicht. Aber glücklicherweise ist dem ja nicht so…!
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