Android 10 ist seit ein paar Wochen verfügbar, ich hatte, unmittelbar nach der Installation, schon mal meine ersten Eindrücke von Alpha zu Beta über Release für Euch zusammen gestellt. Nun bringt dieses neue Upgrade eine Menge Neuerungen mit, die natürlich als der Nabel der Welt beworben werden – stellt sich nur die Frage: Hat es das wirklich gebraucht? Und was davon ist in der Praxis wirklich so gut, wie Google es sich am Reißbrett ausgedacht hat?
Die größte Crux mit Android ist gleichzeitig der größte Vorteil: die Offenheit. Es gibt nicht nur einen stillen Hersteller, der Technik, Software und Entwicklung in quasi einer Person vereinbart. Nein, Android ist ein offenes System, und jeder der Ahnung und Lust hat, kann ein Gerät entwickeln und Android darauf installieren und es in den Vertrieb geben.
Und hier ist der ganz große und leider immer noch unvermeidliche Nachteile: Android ist also ein Sammelsurium von Treibern und Hardware-Spezifikationen, bevor oben drauf das System und dann die Nutzerschnittstelle folgt. Was ich damit sagen möchte: leider ist es aktuell nur für Googles eigene Pixels und eine Reihe von Nokias verfügbar, bei dem Rest basteln und testen die Hersteller noch, ob ihr unnötiger aber konkurrenzloser eigener Aufsatz und die diversen eigenen Apps das vertragen, bevor sie auch auf Samsung und LG, Huawei und wasweißich das Update freigeben.
Und für alle von Euch, die es auf einem Telefon installiert haben, auf dem es schon läuft oder noch darauf waren, stelle ich mal die von Google als Top-Funktionen herausgestellten Funktionen auf den Praxis-Prüfstand!
Die Liste ist, auch wenn ich sie nummeriere, kein Ranking! Ich habe in dieser Reihenfolge die Funktionen entdeckt und gebe sie Euch so weiter. Entscheidend ist bei jedem Feature mein Abschlusskommentar. Also, da wären…:
- Neue App-Berechtigungen
Für mich immer noch das Top-Feature, da es Datenschutz, Tracking und Zugriffsberechtigung in einem vereint und schon bei der Installation prominent angezeigt wird. Auch im laufenden Betrieb kommen immer wieder Meldungen wie „Twitter greift auf Deinen Standort zu“ – und mit einem Fingerzeig kann man dies von „immer“ auf „nur wenn die App geöffnet ist“ oder „aus“ stellen. Eine super Funktion für die Batterie und auch für die Privatsphäre. Aber Achtung: nicht alle Apps sind bereit für diese Funktion und nerven dann gerne penetrant mit Meldungen, dass der Standortdienst deaktiviert wurde. Für mich ein klares Zeichen, sich von dieser App mit sofortiger Wirkung zu trennen – und nein, ich rede nicht von GoogleMaps – das man übrigens wunderbar auf „nur wenn App offen“ umstellen kann, ohne Probleme zu bekommen… - Dark Mode
Das zweite, was im Installationsprozess von Android10 prominent angezeigt wird – und für mich eine der aktuell nutzlosesten Funktionen. Während viele diese Funktion zu programmieren, dass sie sich Tageszeit-abhängig ein- und ausschaltet, kennt Android10 hier nur manuelles „an“ oder „aus“. Finde ich sehr enttäuschend, aber hier sieht man den Hochdruck, unter dem es noch hopplahopp ins OS eingepflegt werden musste. Klar, dunkel spart Batterie – wenn auch nicht so viel, wie immer jeder immer so tut, es ist kein Wundermittel für die Batterie! Und ohne den Automatismus beim Umschalten ist die Funktion für mich restlos wertlos! - Smart Reply
An sich eines der geilsten Features, die Google in letzter Zeit schon in Google Mail stückchenweise – sei es nur als Beta – ausgerollt hat. Wenn ich englische Mails schreibe, total Wahnsinn, was das Teil erkennt und zielstrebig empfiehlt! Und das soll jetzt auf Android kommen? Machen wir es kurz: Auf deutsch definitiv nicht, bei allen englischen Sachen wurde mir bisher noch kein Satz vervollständigt… mal sehen, wann das wirklich ankommt! - WiFi mit QR-Code teilen
Eine Funktion für Faule wie mich – aber mit Vorsicht zu genießen! Der QR-Code übernimmt im Klartext das von Euch vergebene WiFi-Passwort bei dem, der den Code scannt. Damit kann er es einsehen und somit potentiell Schaden anrichten. Ist also nicht ganz so clever, wie man denkt, mal sehen, wann Google hier nachbessert! - „Smartes“ Teilen
So smart ist es nicht, Google aht nur weitere Optionen und noch mehr Apps in das Teilen-Menü aufgenommen. Nett und vereinfacht das „Kollaborieren“ ein wenig… aber keine Sensation! - Focus Mode
Habe ich nur mal probeweise, quasi für Euch, angeworfen. Ist auch die logische Weiterentwicklung des mit Android 9 eingeführten Digital Wellbeings: nicht nur SEHEN, dass ich zu viel am Handy mache, nein, nun aktiv eine Sperre von Apps, damit ich für eine gewisse Zeit in Ruhe arbeiten kann. Social Media Junkies, seid vorsichtig – es könnte Euch wirklich, wenn auch leicht zu überwinden, für eine Konzentrationsphase „offline“ werfen… - Neue Gesten
Ich habe die mal auf den letzten Platz genommen, aus zwei Gründen:- Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich die nicht aktiviert hatte, sondern das Update die neue Android-9-Navigation einfach weiter betrieben hat
und - Ich finde sie, auch wenn ich sie aktuell immer noch nutze, ähnlich nervig und Produktivität-killend wie die neuen Reiter in sämtlichen Microsoft-Produkten: Wer den fehlenden zurück-Button „nutzen“ möchte, streiche nun wahlweise vom linken oder rechten Bildschirm mit vorher kurzen gedrückt-halten Richtung Bildschirm-Mitte. Klappt nie, wenn es soll – und wenn man in einer App, wie dem Kindle oder dem Handelsblatt weiter blättern möchte, springt 100%-ig die neue Funktion an und man fliegt aus dem Lesefluss.
- Auch nervig, der viel zu sehr von der unfassbar schlechten ios-Funktion kopierte lange und letzte Navigationsbalken unten mittig im Display: Nach oben schieben zeigt Liste der Apps. Klappte bei Android 9 zuverlässig, bei Android10 habe ich in den meisten Fällen dann die komplette App-Icon-Liste aufgeschoben. Nur wenn man die Funktion unbeabsichtigt betätigt, klappt es auf Anhieb.
Schön, dass der dicke Balken nun auch zwischen den Apps wechseln kann – und zwar nicht nur in einer „links“-Richtung, sondern in beide. Damit kann ich von Chrome zu GMail springen mit links wischen, und von GMail zurück zu Chrome mit rechts. Also, an sich logisch. Und praktisch. In der Praxis aber heilloses Chaos, da es nun mal nicht immer so reibungslos und logisch funktioniert. Und dann kann man die Funktion auch besser ignorieren.
Wer also gar keine Lust auf Experimente hat, blende die Dreier-Buttons Menü, Zurück und Home ein. Wer sich an Android 9 gewöhnt hat und nicht glaubt, dass die neuen Buttons überleben werden, bleibe dabei – es ist immer noch der beste und schnellst-zu-nutzende Kompromiss zwischen alt und neu.
Wer Bock auf „Experimente“, ein bisschen Enttäuschung und viele doppelte Handgriffe wegen Fehlfunktionen am Tag haben möchte, nutze Android10 – den schlechtesten Abklatsch von ios Dummbalken, nur, dass Android ihn grafisch ein wenig ansprechender gestaltet hat als Apple.
- Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich die nicht aktiviert hatte, sondern das Update die neue Android-9-Navigation einfach weiter betrieben hat
Es gibt noch weitere Änderungen, ein bisschen künstliche Intelligenz und Powermanagement hier, Jugendschutz und grafische sowie schrifttechnische Updates da. Android10 klappert an einigen Ecken noch ganz gewaltig, ist nicht durchgehend komplett durchdacht, aber immerhin ein stabiles Upgrade, mit dem man einfach gut, mit einigen Workarounds, je nach Einstellung z.B. der Menübuttons, arbeiten kann.
Seit Veröffentlichung zählen wir schon zwei weitere Updates, für Fehlerbereinigung und Sicherheit – immerhin ist hier Google noch in der Mache, also bleibt zu hoffen, dass auch die letzten Fehler nicht erst mit Android11 ausgebessert werden.
Also nun, hier meine Werte zu Android10 nach ein paar Wochen und noch ein paar tieferen Spielereien:
Juhuuuu: Nicht überall, aber größtenteils den Brick-of-Death in den Griff bekommen. Wohl auch mit dem vorletzten Update einige weitere Fehler bereinigt und aus der Welt geschaffen, zumindest hört und liest man auf Social Media nichts mehr. Aber auch in meiner Wahrnehmung nun ein fast fertigen und dafür auch stabiles Android.
Buuuuh: Schade nur, dass die Verbreitung wohl wieder Monde dauern wird. Bis es auch der letzte aktuelle Androide haben wird, könnte Android11 schon wieder ein paar Monte verteilt worden sein. Hier muss, auch beim Hardware-seitigen Wildwuchs, dass identische Geräte intern unterschiedliche Micros, Chips und Speicherchips nutzen, Google endlich durchgreifen und mehr Standards setzen! Dann würde das, trotz dem heute als fast alleinigen Schuldigen ausgemachten, „Herstelleraufsatz“ auch endlich flüssig und schnell klappen!
Clou: Man sieht sich rasch satt, aber das neue Startbild und auch die neue klarere Schrift und die schärferen Grafiken bei den Apps und auf dem Startbildschirm sind geil. Was die Navigation durch Menüs und Apps geht, muss Google dringend nachbessern und sich weniger an gerade den schlechtesten ios-Funktionen orientieren – und hier wieder was flüssigen, was durch ähnliche „Gesten“ fehlerhaft ausgeführt werden kann, vermeiden. Flüssig und schnell, das sollte im Mittelpunkt stehen. Von ein paar Ungereimtheiten und sinnlosen Kleinigkeiten abgesehen, aber ein gutes Upgrade für aktuelle Telefone! Wenn es verfügbar ist, gerne installieren.
Und bei Euch so? Liest hier eine Horde ios-ler mit und findet das ganz schön langweilig und uninteressant? Oder hast Du Dein Huawei oder Samsung in der Hand und testest immer mal, ob das Update schon für Dich da ist. Oder ist Dir der neue Schnickschnack nicht geheuer? Oder nutzt Du es auch schon ab der ersten Sekunde – so oder so, ich freue mich auf Dein Feedback hierzu und Deine Meinung zu Android 9, 10 oder was für 11 so alles auf Deinem Wunschzettel steht… immer her damit: email, Kommentar, Sprachnachricht! Na denn…
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Eine Antwort auf „Die Top-Funktionen von Android 10 – und welche davon in der Praxis wirklich nützlich sind“