Alle Jahre wieder schwitzen Etagen voller Führungskräfte und Mitarbeiter ihrem Mitarbeitergespräch entgegen. Oder dem Year-End-Review. Oder auch gerne als MAG abgekürzt. Perfide wird es, wenn man es mit ein kleines bisschen Druck versieht und es als Personalgespräch abtut, so ist es an sich nicht gedacht, aber leider zu oft benutzt. Aber es hört bei der Namensgebung nicht auf, Fehlerquellen über Fehlerquellen. Oder anders ausgedrückt: Es kann einfach viel kaputtgemacht werden. Aber wieso? Nun, das liegt an der Vorbereitung – oder eben gerade an der nicht. An schlechter Kommunikation – wer will sich als Top-Performer sagen lassen, er hätte letztes Jahr nicht gut performt. Oder der Chef kommt zu spät, jammert über die wirtschaftliche Lage und zischt wieder ab. Schwupps, genau so werden neue Quiet Quitter geboren. Daher heute ein Einblick in alles, was und warum schiefgeht – und, ganz in typischer Mitarbeitergesprächs-Manier, gebe ich vielleicht noch einen Ausblick, wie es für Mitarbeiter und Führungskraft sinnvoll genutzt werden kann.

Missverständnisse
Bleiben wir doch bei dem deutschen Ausdruck des Ganzen: Jahresendgespräch. Und verwechseln das nicht mit einem Mitarbeitergespräch. Der Unterschied steckt schon im Titel: das eine führe ich zum Jahresende – und klar, das kann auch das fiskalische Jahr sein und nicht zwangsweise der 31.12. Ein Mitarbeitergespräch braucht einen Anlass. Es macht Sinn, bei neuen Mitarbeitern in der Einarbeitungsphase, je nach Einstiegslevel wöchentlich, zweiwöchentlich oder monatlich damit, um die Ecke zu kommen. Auch bei kritischen Projekten oder internen Umstrukturierungen bieten sich individuelle Zeiträume und Inhalte im Rahmen des Termins an.
Auch kenne ich, besonders beliebt bei Führung und Untergebenen, Gespräche, in denen der Chef live und in Farbe den Mitarbeiter „benotet“ und zum Schluss, die Wertigkeit heruntergespielt und der sanfte Druck, es einfach zu unterschreiben, im Mittelpunkt steht. Meist bleibt einem nichts anderes übrig, da die eine mickrige Zeile gerade für die Unterschrift des Opfers reicht und keine Kommentierung Platz finden kann… bis auf Dinge, die man besser reflektiert dort hinschreiben sollte…
Ich habe in meinem Arbeitsleben bereits verschiedenste Ansätze erlebt, von unter 15 Minunten, mit und ohne Ansage, Chefs, die diese Gespräche gar nicht führen und dem mir einfach das komplette Ausfüllen überlassen haben. Mit und ohne nachträglicher Korrektur meiner Ausführungen. Oberflächliches Geplänkel, damit das von HR eingestellte Terminfenster möglichst treffsicher benutzt, aber nicht ausgenutzt wurde. Und Chefs, die hochnotpeinlich mega-korrekt auf das gesprochene Wort setzen, während ich gegenüber Streichhölzer in die Augen geschoben habe, damit ich wenigstens körperlich mitspiele.
Die schlimmsten Fehler
Es gibt ein paar Fehler, die man sich schenken sollte – in keiner Reihenfolge, so wie sie mir auf- und einfallen sind:
- Mangelnde Vorbereitung
Zu spät kommen oder ultra-kurzfristig absagen – geht gar nicht. Ebenso schlimm, wenn der Chef sich erst sortieren muss. Und dann fehlt das Formular, erst ein Gespräch mit dem Sekretariat und Wartezeit, bis die Unterlagen da sind. - Zu kleiner Fokus, selten zu viel
Erstens paart sich dann meistens mit der so genannten „Recency-Bias“. Hierbei legt der Chef bewusst den Fokus nur auf die letzten Monate oder gar Wochen. Da werden monatliche Gespräche ausgeblendet – meist auch, weil sie nicht dokumentiert wurde. Oder das abgeschlossene Projekt läuft im Live-Betrieb problemlos, was sollen wir hierzu sprechen? - Entwicklung
Wie viele Kollegen kennst du, die zum Chef gesagt haben, er solle sie in Ruhe arbeiten lassen, er habe kein Interesse an Fortbildung, er will einfach nur in Ruhe vor sich her werkeln? Und wie viele Chef kennst du, denen man Entwicklung und Schulungen aus der Nase diskutieren muss? Klar, die Wirtschaft ist schlecht, es wird alles teuer, wir müssen uns aufs Kerngeschäft konzentrieren…
Oder, was mich immer erfreut hat: „Ich vergebe keine Topbewertung, dann legen sie sich noch unter den Schreibtisch vor Freude…!“. So was kann man, wenn man will, einmal akzeptieren, aber danach sollte eine Eins auch durch eine Eins hinterlegt werden. Wenn die Führungskraft glaubt, man langweile sich dann zu Tode, kann und sollte man den Entwicklungsplan anpassen, und zwar schnell!
Die Liste könnte noch weitergehen… aber ich brauche ja noch Punkte für den Blog und Pod im nächsten Jahr… - Shakespeare live
Nichts ist schlimmer als eine Führungskraft, die auf der Bühne steht und redet, und redet und redet. Typ eins lässt sich von Fragen unterbrechen, der ist anstrengend, aber man kann ihn wegmoderieren. Typ zwei spricht weiter und mit Ende des Monologs ist das Gespräch vorbei? Suche die einen neuen Chef – oder gleich eine neue Firma, wenn der HW-Bereich da nun mal nichts auf dem Kasten hat, wird der nächste Chef auch nicht besser sein… Und glaube ja nicht, dass er sich für deine Sicht der Dinge interessieren würde… - „Das war schlecht, obwohl Sie das echt gut gemacht haben!“
Entweder du lässt das Gespräch über dich ergehen oder du willst daraus was ziehen. Das geht aber nur, wenn dein Chef nicht dazu neigt, ständig schlechtes mit gutem zu vermischen. „Projektanlauf super, aber am Ende war es doch über die Zeit“. Ok, und nu?
Noch schlimmer, wenn dann nur noch „Ja, aber“-Sätze kommen. „Natürlich sind sie mein bester Mann! Ja, aber Sie müssen auch meine Lage verstehen…“ – zack, was auch immer jetzt kommt, es wird butterweich verwässert sein! Damit kannst du nichts anfangen und solltest es auch nicht! Und Vorsicht vor Lob in dieser Situation – es könnte auch was ganz anderes sein! - Der Abschluss: Entwicklung und Gehalt auf einmal
Dass meist keine oder nur Alibi-Entwicklung kommt, weil man das ja auch protokollieren und dem Chef-Chef verkaufen muss, hatte ich gleich am Anfang. Aber richtig schlimm machen das Stromberg-Chefs, indem sie seicht labern, nichts Konkretes ausspucken und dann plötzlich parallel, nach Lobhudeleien über den „allerbesten und wichtigsten Mann“ direkt in die Gehaltseinstellungen springen. Du bist noch am Überlegen, was du ihm glauben kannst und was nicht und wie das deiner Karriere hilft oder schadet und schon sollst du Zahlen verdauen. Und dass ja alles den Bach runtergeht und jeder, der einen Job hat, auch dem Unternehmen gegenüber Verantwortung trägt, auch beim Lohn und/oder Gehalt. Und wenn dein Stromberg dann auch noch taktiert und sein Feedback absichtlich negativer darstellt, um bestenfalls nur seinen Bonus nach oben zu treiben, da er dir nichts geben will, sagst du am besten nichts, da es dann tatsächlich negative Auswirkungen für dich haben könnte. Und nur die wenigsten HR-Bereiche würden dir hier bei einer berechtigen Beschwerde auch wirklich zur Seite stehen wollen, geschweige denn können…!
Wie es besser geht
Es ist wie immer: er braucht nicht viel!
Gute Vorbereitung auf beiden Seiten ist das A und O. Im Idealfall ist dies nicht das einzige Gespräch im Jahr, noch besser, gibt es dazu Aufzeichnungen, auf die beide Seiten nun bauen und zurückgreifen können.
Lasst euch eventuelle Forderungen nicht aus der Hand nehmen, wenn dein Chef auf die Personaler verweisen. Wer diesen „Joker“ zieht, hat auch null Bock, sich und deine Forderungen bei einem völlig unbeteiligten HR-Futzi abzuladen oder sich für dich hier einzusetzen.
Ich kann dir nur wünschen, dass du keinen Stromberg hast – statistisch wahrscheinlich doch, leider! – der vorbereitet und fair sowie transparent mit dir in die Themen geht. Das darf auch mal hart und hitzig werden – aber man kann sich, wenn man den geschützten Bereich verlässt, weiter respektvoll in die Augen sehen und gemeinsam die Vision teilen. Genau so haben wirklich beide Seiten was davon!
Also, ab mit dir in deinen bestens vorbereiteten Jahresreview!
STOLZ PRODUZIERT UND AUFGENOMMEN MIT ULTRASCHALL5!
