245 Winterzeit, die beste Flugzeit des Jahres! – Was bitte?

Kalt. Es ist nicht gesagt, dass der Motor anspringt. Schlimmstenfalls geht ohne Motorvorwärmung nix. Dann immer dieser Nebel. Der Schnee. Und Eis. Später Sonnenaufgang, früher Sonnenuntergang. Genau das qualifiziert den Winter für die beste Flugzeit des Jahres. Vor allem, wenn ihr erstmalig Gäste in den Flieger mitnehmt, die noch nie in einer Echo-Klasse mitgeflogen sind. Oder wenn die NVFR, die Nachtflugausbildung ansteht. Aber ja, ein paar Tücken hat die Jahreszeit eben auch…!

 

Unsere Flugzeuge fliegen, da sie durch ein Flügelprofil für Auftrieb sorgen. Wenn du nicht gerade für die Pilotenlizenz lernst, musst du hierzu nicht mehr wissen. Entscheidend sind aber noch andere Dinge: die Temperatur, zum Beispiel. Je höher sie ist, desto zäher läuft es mit dem Auftrieb. Auch das solltest du so nicht in deiner Prüfungsvorbereitung zum Besten geben – ist aber so. Im Umkehrschluss heißt das aber: je kälter, desto mehr Auftrieb. Ja, ja, nichts für die Prüfung, aber tatsächlich die Wahrheit. Daher: Du willst Flüge erleben, die gewissermaßen nach den ersten Metern butterweich gen Himmel führen, die dich nicht stetig gegen die Thermik anarbeiten lassen und die auch sonst die gesamte Anmut des Fliegens unter 30.000 Fuß (ca. 9 Kilometer) bringen? Dann nichts wie ab ins winterliche Cockpit!

Ein Thema, wofür sich der Winter auch außerordentlich gut anbietet, schneide ich nur in diesem Satz an: die Nachtflugausbildung, NVFR. Nur soviel: da es früh dunkel wird, sind die meisten dann noch offenen Airports in der „günstigen Gebührenschiene“, was es auch den Echo-Piloten ermöglicht, seine Platzrunden und Streckenabschnitte bereits im Dunkeln zu fliegen.

Aber der Winter hat auch seine Tücken. Und die beginnen bereits im Hangar. Also, hoffentlich hast du das Glück, dass deine Maschine in einem steht, sonst hast du ab bereits einstelligen Minusgraden kein Glück mehr, die Maschine ohne Schaden zu verursachen, zu starten.

Hast du einen Hangar, ist das leider auch nur ein kleiner Pluspunkt. Denn, wie auch im Freien, wird das Öl im Inneren des Motorenraums ab einer bereits einstelligen Minuszahl so dickflüssig, dass es ohne Hilfe nicht mehr schmiert, sondern tatsächlich Schaden anrichten kann.

Aber in einem Hangar hast du wahrscheinlich Strom – und mit Strom bekommst du entsprechende Wärmetechnik an den Start. Somit hast du Vorwärmen für den Motorbereich und somit flauschiges Öl. Super! Und du musst auch nicht eine im Freien eingeschneite Maschine von Eis und Schnee befreien.

Hört sich trivial an, ist aber entscheidend. Durch die Geschwindigkeit und die Höhe im Flug werden Eis- und Schneereste, vor allen an den Flächen, die für Auftrieb sorgen sollen, schnell zu einem großen und mit der Zeit auch schweren Problem. Auch solltest du gemäß Handbuch wissen, wo du wie Eis und Schnee entfernst und wo du Schnee, und ja, das gibt es wirklich, ignorieren kannst. Und wenn du das Handbuch schon in der Hand hast, prüfe, ob der Hersteller der Maschine eine andere Methode als den klassischen Handbesen vorsieht. Die glückliche Situation, dass du in einen Flieger steigst, der ein Enteisungssystem hat, klammere ich realistischere Weise mal lieber aus, ok?

Wenn der Flieger dann mal Schnee- und Eis-frei ist, der Motor vorgewärmt und die Kiste auf Anhieb anspringt, gilt es wieder schnell und trotzdem vorsichtig zugleich zu sein: Es kommt das Taxi. Vom Hangar zur Tankstelle, dort Motor aus – oder auch nicht, wenn du zu zweit bist. Auch dieser letzte Satz: nichts für die Prüfung! Dann zur Rollhalt, Checks! Hier gilt die Regel wie im Sommer, die Nase in Sichtrichtung zu drehen – aber Achtung! Beim Hochlaufen keinen Schnee und schlimmeres in die Motorenöffnungen saugen! Noch sind die Drehzahlen für eine permanente Selbstbeheizung zu klein, von möglichem Streugut und Eisklumpen ganz abgesehen!

Und wenn bis hier alles geklappt hat, die Maschine läuft, der Flieger ist Eis-frei, die erste Wärme dringt ins Innere der Maschine – und ja, du hast einen neuen CO-Messpunkt in Sichtweite kleben! – doch ein mögliches abruptes Ende steht dir noch bevor: Hol dir vom Turm, falls sie nicht angesagt werden, die Vereisungszustände der Bahn und bereite dich entsprechend für den Startlauf bis Takeoff entsprechend vor.

 Und dann kann es endlich losgehen: sanft das Gas rein, immer mehr und mehr, das passende Flap-Setting tut sein weiteres und ohne es zu merken bist du schon bei 200 Fuß (ca. 61 m) über Grund. Wow. Was für ein Gefühl. Der Flieger liegt wie ein Brett, knallhart und doch federweich, in der Luft. Keine Thermik. Mit viel Glück auch kein Wind, und wenn, dann meist so minimal, dass du es nicht mitbekommst.

Die Klappen kannst du relativ schnell einfahren, wenn du ein wenig am Yoke ziehst, wirst du nahtlos weitersteigen. Nicht zu vergleichen mit der Muskelarbeit im Hochsommer, wenn die Nase beim Antippen der Klappentaste schon gen Erdmittelpunkt zielt. 

Und jetzt genieß es! Ich hatte die Freude nur während meiner Zeit in Frankfurt, damals aber auch noch mit Schnee. Es ist unfassbar, wie unbekannt eine zugeschneite Fläche die Landschaft verändert. Damals hatte ich als Backup, da es weit vor den Tablet-Navigations-Lösungen war, Google Maps offen, immer hart am Limit zum in ersten Teilen aufgebauten 4G-Netz. Nein, das wird kein „Papa erzählt vom Krieg“-Ding, nur ein geistiger Rückblick für mich, während ich merke, dass es echt mal wieder Zeit wird für Schnee und einen Rundflug!

Wobei Frankfurt, wenn man sich nicht schon längst in einen Luftraum, in dem man nichts verloren hatte, verfranzt hatte, immer nach Hause führte: der EDDF, also der Flughafen Frankfurt/Main ist ein Leuchtfeuer, das man kilometerweit durch die Winternachmittage erkennen kann.

Und wenn du ein paar Flüge allein gestemmt hast und dich zwischen Boden und Luft mit den Besonderheiten des Winterfliegens vertraut gemacht hast – und eben auch die Navigation sitzt: hol dir Gäste an Board! Es wird nicht besser als im Winter! Keine Thermik. Also auch keine Daueraufgabe, zwischen Acker, Feld und Wald oder See hin und her zu tarieren, um die Passagiere nicht durch eine „Thermikblase“ zu verschrecken, wenn es aus dem Nichts Fahrstuhl-artig um etliche Meter nach oben geht. Ganz ohne Vorwarnung!

Und so schön es ist: habe die Uhr im Auge und den CO-Aufkleber! Wenn du keine Night-VFR hast, sei pünktlich mit den SERA-Regelungen der bürgerlichen Nacht und dem ominösen Gradregelungen über Horizont zurück. Die „fallen“ im Winter schneller in die Dunkelheit als einem lieb sein kann, wenn es eh schon eng ist!

Und da die Heizung permanent den Innenraum vor dem sicheren Kältetod schützt, stelle sicher, dass kein Leck dir unsichtbar und geruchslos das hochgiftige Kohlenmonoxid (CO) in die Kabine bläst. Sonst könnte der Flug ein unschönes Ende finden.

Und wenn es dann runtergeht, denk an die Werte für den Pistenzustand. Und was das für deinen Anflug bedeutet. Die kalte Luft ist auch hier dein Freund, komm gerne zielgenau auf die 60 Knoten auf die Bahn. Und nein, jetzt nicht die Bremsen voll durchtreten und blockiert halten, sonst kriegst du von den Schiedsrichtern im Turm noch ne B-Note verpasst, für den schlimmsten Abgang direkt in den Tiefschnee neben der Bahn. Und dein Verein wird dich auch nicht lieben, für die Schäden am Flugzeug. 

ABS haben wir nicht, da müssen die Füße für den Rhythmus sorgen. Und nicht zu hastig den Yoke zum Abbau von Geschwindigkeit ziehen, denk daran, wie schnell es sonst mit viel zu wenig Fahrt wieder nach oben gehen kann – aber nur für ganz kurz!

Und weil es immer wieder passiert: wenn die Maschine hangariert ist und die Motorvorwärmung wieder in Position ist: prüfe, ob der Stromstecker fest in der Dose sitzt. Es wäre nicht das erste Mal, dass mit Schließen der Tür, ein Stecker rausspringt und alle deine Nachfolger erst mal stundenlang warten müssen, bis die Vorwärmung wieder greift. Und bitte auch, solange sie noch „flüssig“ sind, Eis, Schnee und Matsch von der Landung und dem Taxi entfernen, auch und vor allem in den Reifen und Narben. Ich hätte die NVFR-Ausbildung fast nicht starten können, da in zwei von drei Maschinen die Reifen vereist waren…!

So denn, was sitzt du denn noch hier und liest die letzten Zeilen? Raus mit dir, ab in die winterliche Luft! Safe flights and happy landings!

 

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