Raspberry und Arduino nur ein Spielzeug? Ein Blick über die embedded world zeugt vom Gegenteil!

Nürnberg, einig Messestadt! Bekannt ist landauf landab mit Sicherheit die (Fachmesse!) Spielzeugmesse. Aber auch die aktuell laufende „Freizeit“ hat regen Zulauf. Die „auf der anderen Seite“ des Gelände stattfindende embedded world ist als Fachmesse mehr den „Insidern“ und Studenten auf Jobsuche bekannt. Verblüffend nur zu sehen, wie weit Rapsi und Arduino bereits Einfluss auf Technik und Aussteller genommen haben…

35 Euro für einen kompletten Platinenrechner? Manche schütteln abschätzig den Kopf, was soll das kleine Teil schon können – erst recht, weil kein Apfel sondern eben eine Himbeere das „Gerät“ ziert? Dabei bieten beide, der Brite und der Italiener alleine an Offenheit und Schnittstellen schon mehr als das Obst… aber wirklich spannend wird es, wenn man die bestehenden Geräte mit zusätzlichen Shield-Platinen bestückt oder eben per Breadboard und Steckkabel (inkl. der benötigten Programmierung, natürlich!) Projekte im kleinen finanziellen Rahmen umsetzten kann.

Das macht letzt­end­lich auch die Popularität der beiden Bastelsysteme aus: kleine Kosten, schnell zu erlernen – und mit einer Handvoll Teile aus dem Elektrozubehör kann es an die Umsetzung gehen. Aber… neben all den tollen YouTube-Videos, die immer wieder großartige Sachen zeigen, wie praxistauglich ist das alles wirklich?

Heimautomatisierung - Platine pur!
Heimautomatisierung – Platine pur!

Nun, die embedded world ließ hier keinen Zweifel: sei es, dass Heimautomatisierung oder -überwachung durch (wahlweise) Arduino-Ableger oder gleich Raspis, gestapelt mit mehreren Shields, zum Einsatz kommen oder eben auf Basis dieser beiden Rechner eine neue firmeneigene Platine gegossen wurde. Sei es, dass Unterstützungssysteme für 3D-Drucker oder Hobby-Fräß-Maschinen in den Gehäusen der entsprechenden Geräte verbaut sind. Sei es, dass Kiosksysteme am kompletten Stand nicht mehr durch riesen Rechner sondern eben durch einen Kleincomputer gesteuert werden (solange man nicht bei SanDisk ist, die dafür ein eigenes SSD-System haben!)… oder eben der „klassische“ Hinkucker am Kopfstand die Kunden mit einem der als Zubehör erhältlichen Touch-LCDs und einem Spiel, einer Herausforderung oder eben einem digitalen Gadget überraschen.

Kaum ein Stand, der nicht mittlerweile ein Shield oder eine sonstige Erweiterung oder gleich ganze Sensoren für die Minicomputer im Angebot hat. Dazwischen, auch gerne genommen, die Elektronik-Teil-Händler sowie die Fachbuchautoren… aber: immer das dominante Thema der Kleincomputer.

 

Wer sich also bisher immer noch gefragt hat, wann genau die richtige Zeit ist, bei den „Kleinen“ einzusteigen, dem/der sei gesagt: JETZT!

Lust auf Basteln und Programmieren? Aber: Raspberry oder Arduino, was passt zu mir?

Günstige Minicomputer, mit deren Hilfe die irrsten Sachen im Netz gemacht und gezeigt werden, sprießen aus dem Boden, dass man echt den Überblick verliert. Zwei klassische Vertreter sind der britische Raspberry Pi (aktuell in Version 2) und der italienische Arduino. Beiden verfolgen, auch wenn die Ergebnisse in die selbe Richtung gehen, ganz unterschiedliche Ziele. Und so stellt sich nun einfach die Frage: Wenn ich einen „Kleinen“ will – welchen nehme ich denn dann am besten?

„Ich will mal wieder was basteln, am besten mit selbst programmieren und so…“, der Gedanke zwängt sich in unserer heutigen Zeit mehr und mehr auf. Eine kurze Suche später, schon findet man sich entweder bei Arduino oder bei Raspberry. Aber – damit nicht genug: Arduino bietet diverse unterschiedliche Modelle, zusätzliche Platinen und vieles mehr. Und, auch bei Raspberry gibt es, neben den alten Modellen 1A, + und B, das aktuelle Modell 2 und Aufstecksätze und noch mehr Zubehör. Gut, das mehr an Zubehör gibt es auch für das italienische Modell… aber… welchen nehme ich denn jetzt, wenn ich einen haben möchte?

Nun – so sorry: aber was die beiden Boards angeht, prallen da zwei Philosophien aufeinander. Raspberry ist, dank der fast freien Wahl des Betriebssystems (vom bekannten Raspbian, das auf Linux basiert bis hin zu einer Win10-Variante) das eindeutig offenere System. Wohingegen man bei Arduino erst mal am Besten eine Grafik auf der Webseite studieren sollte, um zu wissen, mit welchen Modell (Einsteiger: bitte den UNO R3 (aktuelle Version) aussuchen) man beginnen möchte/sollte.

Wenn bei Raspberry die micro-SD-Karte dann das erste Mal in die Linux-Welt hinein bootet, geht das alte Unix-Wissen entweder aus – oder man muss sich mit Linux, dem Aufbau, den Systemdateien, etc. auseinander setzten, bevor man wirklich mit dem Gerät an sich beginnen kann. Wer aber hier durch ist, hat den Vorteil, dass er viele Programmiersprachen nachinstallieren kann, Python (allerdings nur Version 2!) als bekanntester Vertreter oder eben banal Java.

Der Uno wird eingesteckt – und geht. Dafür muss man auf seinem Rechner eine Begleitsoftware installieren – und, ACHTUNG!: Dann im Tools-Menü zuerst den richtigen Port wählen und dann ebenfalls im Tools-Menü das korrekte Board anwählen. Sonst wird man nur mit kryptischen Fehlermeldungen belohnt, die einem sagen, dass der COMx-Port nicht belegt/gefunden/genutzt/etc. werden kann.

Beim Raspberry ist dann Handarbeit angesagt: Linux ist eingerichtet, das Paket für die Programmiersprache ist installiert (und man sollte diese tunlichst beherrschen) – und nun geht die Frage los: was machen? Was genau bauen? Übers Internet ansprechen können oder nur über heimisches WiFi? Oder, oder, oder… Oder eben mit einem Fachbuch starten, Teile bestellen – los legen und erste Erfolge haben. Oder eben eine der zahlreichen Internet-Anleitungen nachbauen – nachdem man ca. 40% der benötigten Teile nach einer zwei bis dreiwöchigen Wartezeit aus China erhalten hat.

Der Arduino hat den Vorteil, dass er im Gegensatz zu den völlig überteuerten „Komplettpaketen“ des Raspi mit „Lernpaketen“ kommt, an denen der Vertreiber zwar verdient, aber eben nicht mehr, als wenn man das Gerenne zwischen Internet, lokalem Fachhändler und der Postlaufwartezeit aus China abwarten müsste (bei Raspi habe ich „Komplettpakete“ für 39,99 gesehen, in denen ist ein Breadboard, 10 LEDs, 10 Widerstände und 40 Kabel – Einzelkauf Prime: keine 10 €!). Und in den Lernkits ist eben auch immer ein „Handbuch“ für die ersten Schritte enthalten.

Fazit 1: Während man beim Raspi noch gespannt dem Bootvorgang und dem Aufbau der grafischen Oberfläche zusieht, hat man mit dem Arduino die erste Programmierung erledigt und eine LED zum blinken gebracht. Aber Achtung: wer den Raspberry und Arduino vergleichen möchte, muss den Arduino Yún heran ziehen, da dieser auch mit einem Linux-Derivat läuft – allerdings fest installiert und ohne SD-Karten-Bedarf (die trotzdem mögliche SD-Karte dient dann zum speichern von Dateien, Scripten, etc.).

Während also beim  Uno der Hersteller das Betriebssystem schon mal komplett übernommen hat und die Programmierung sehr „verständlich“ über die PC-Software erfolgt, bevor sie an die Platine zur Umsetzung gesendet wird, ist der Raspberry hier um ein vielfaches offener… oder eben zeitintensiver, wie man es sehen möchte…

Das bedeutet aber im Klartext, dass der Raspi, bevor man per SSH im Terminal oder per VNC auch auf die grafische Oberfläche zugreifen kann, eine eigene Tastatur, Maus und vor allem einen HDMI-Display-Anschluss braucht.  Der Arduino hingegen braucht einen Rechner (Win/Mac), der den Client ausführt – und einen freien USB-Anschluss.

Für den Raspi ist Python mit Sicherheit nicht die verkehrte Wahl – aber, so leicht und verständlich Python im Grundgedanken und auch im erlernen ist, es ist zusätzlicher Aufwand zu den notwendigen Linux-Kenntnissen, um los legen zu können – wie ich schon schrieb. Beim Arduino habe ich einfach und verständliche Befehle, die ich umsetzten kann. Und ein Interface, dass mir das Grundgerüst des Machbaren schon aufzeigt.

Fazit 2: Der Raspberry ist wirklich als Computer, wenn auch von schmaler Hardware, zu verstehen. Man muss Linux kennen und noch eine Programmiersprache (Python v2.x), bevor der Spass beginnen kann. Der Arduino Uno ist eine Platine für nette Experimente, bei dem man nach Installation der PC-/Mac-Software sofort los legen kann. Und genau das ist der Zweck! Raspberry selber ist ein „all-in-one“-Modell mit viel Flexibilität – Arduino bietet alternativ diverse Boards für verschiedene Einsätze – aber alle unter dem „schnell einen Prototyp zusammengesteckt“-Motto.

Die Vergleiche könnten jetzt weiter und weiter gehen und der jeweilige Platinentyp würde ausschließlich seine Anwendung gewinnen. Ich wollte hier auch keinen Sieger küren, sondern lediglich aufzeigen, was mit welcher „Platine“ so geht:

Arduino: Per USB-Schnittstelle vom PC mit C/C+-Sketches zu versorgen, ideal für schnelle Ideen – aber auch komplexe. Aus meiner Sicht, wenn der Einsatzzweck stimmt, das Teil, mit dem man sofort nach dem Auspacken die erste LED leuchten oder die erste Schaltung fertig haben kann. Wenn 1:1-Vergleich zu Raspberry gewünscht, Modell Yún bestellen. Für den Uno sind im Netz die meisten Projekte zu finden. Erweiterung durch Shields und jede Menge Sensoren möglich. Spaß und Freude garantiert.

Raspberry: Der kleine all-in-one-Platinen-Rechner mit größter Popularität auch für Bastelanleitungen und Scripte im Netz. Benötigt rudimentäre Linux-Kenntnisse, dann noch Kenntnisse einer Programmiersprache (Java, Python aber bevorzugt, wenn aktuell auch nur in Version 2 für das Raspian-Betriebssystem verfügbar). Mit dem Arduino Uno an sich nicht zu vergleichen, da der Raspi keine out-of-the-box-Soforteinsatz-Lösung darstellen will. Jede Menge Erweiterungen und Drittanbieter-Module zu bekommen, spricht z.B. auch mit den Sensoren, die aus einem Arduino-Kit kommen.

 

So oder so – mit 40 Euro und noch ein bisschen Kleingeld für das nötige Zubehör technische Projekte realisieren, das geht mit beiden, egal, ob Himbeere oder Italiener. Findet selbst Eure Präferenz, wählt aus, auf Basis, des oder der Projekte, die Ihr realisieren wollt. Spaß rund um das Thema Elektrik, Basteln und Programmieren ist garantiert.

Meine Empfehlung:
Sofort loslegen können, einfache C-Sketches schreiben, schnelle elektrische Schaltungen basteln >> Arduino.
Minicomputer pflegen, komplex programmieren können, ab Werk online mit veränderbarem OS >> Raspberry.

 

PS: Ja, ja, ja… ich habe weder den Raspberry Zero noch die weiteren Boards von Arduino groß beleuchtet. Der Zero ist aktuell quer durch die Online-Welt vergriffen (Kosten US-$ 5!), Arduino hat zu viele Boards, die mal das Uno um nützliche Dinge erweitern, mal eine andere Zielgruppe ansprechen wollen – und sie haben/arbeiten (ich habe es nicht weiter verfolgt, aber sie wollten mit einem Zero-Konkurrenten kommen, falls er nicht schon da ist) auch ein/auch an einem „Kleinstboard“. Wer hier tiefer einsteigen will, der möge sich durch die Foren im Internet lesen. Viel Spaß!

KleinChaos auf dem Schreibtisch: Uno mit Bewegungsmelderalarm, Raspi mit ersten Python-Programmierungen (aber noch ohne Verkabelung)
KleinChaos auf dem Schreibtisch: Uno mit Bewegungsmelderalarm, Raspi mit ersten Python-Programmierungen (aber noch ohne Verkabelung)
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