„Vorsicht beim Formatieren von USB-Sticks – ein Klick reicht, um ein anderes Laufwerk zu killen!“ – „Ja, ja…!“

Wie oft habe ich das schon gelesen: Wer einen USB-Stick formatieren möchte, möge bitte alle externen Platten abziehen und idealerweise sicher sein, dass er/sie nicht zufällig eine interne Platte erwischt. Windows 10 kennt nur eine Rückfrage, die „ja/nein“ heißt – und schon ist die Schnellformatierung der (falschen) Platte erledigt. Aber nun mal ehrlich: wem ist so ein Bullshit denn schon mal passiert, wer bitte ist DENN WIRKLICH SOOOOO DOOF? Nun ja – es ist wirklich nur einen falschen Mausklick entfernt!

Formatieren: 1000 Mal berührt, 1000 Mal is' nix passiert... alles wie immer? / Quelle: chip.de
Formatieren: 1000 Mal berührt, 1000 Mal is‘ nix passiert… alles wie immer? / Quelle: chip.de

In fast jeder c’t oder anderen Computerzeitschrift (egal, ob Win, Mac oder Linux) ist es zu lesen: wer einen USB-Stick formatieren möchte, möge sicher sein, dass er kein anderes, erst recht, kein anderes externes Laufwerk statt dessen anklickt. Manchmal sehen die externen Icons alle gleich aus (kenne ich von meiner Mac-Zeit noch recht gut!), ab und an stimmt die Sortierung im Explorer oder Finder nicht – ab und an, so läuft es auf meinem Raspi, wird „nur“ die Datenträgergröße ohne Namen angezeigt…. je nach Plattform und eingesetzter Software also mehr als genug Chancen, völlig übermüdet und mit nur einem Auge und dem restlichen Gehirn schon vier Schritte weiter, Formatieren blind mit „Enter“ zu bestätigen.

Andererseits: an sich auch kein Problem, wir schreiben ja alle regelmäßige Backups. Somit sind die Daten alle sicher! Und doppelt! Und aktuell!
Aber: wenn die Formatierung nun genau ein paar Minuten vor dem Start des Backups passiert? Und die Software, leider völlig korrekt, feststellt, dass die Originalplatte „geputzt“ wurde und damit, ebenfalls im Bruchteil einer Sekunde, das komplette Backup über den digitalen Jordan schickt?

Alles Gruselgeschichten von PC-Zeitschriften. Oft genug gelesen! Danke dafür!
Aber trotz gleicher Icons auf Mac, rudimentärer Darstellung auf dem Raspi oder teilweise doppelter und fehlerhafter Reihenfolge auf dem PC: SO habe ich noch nicht Daten verloren!

Aber nun: nehme man die Summe der möglich menschlich fehlerhaften Teile im wirklich ungünstigsten Moment: Spät nachts, und es eilt, morgen geht es in den Urlaub. Parallel soll ein Backup laufen, ein Film soll noch im Hintergrund angehört werden, der neue Druckertreiber von Canon lähmt den PC, der Blogpost ist noch nicht fertig und für das Vertonen ist es viel zu spät… abgesehen davon stimmt auch mit der Software was nicht. Also, mal den Wecker auf zwei Stunden vorstellen… oh, siehe da, die Tasche noch umräumen, die ist super als Handgepäck… wow, vier USB-Sticks aus der Zeit in Hessen… also, schnell diese Daten auf die NAS spielen, noch läuft das Backup ja noch nicht… und die Sticks gleich formatieren, die kann ich anders gut gebrauchen, da der kleinste 64GB Speicher hat…

Und irgendwo zwischen Netflix hören, Blogpost schreiben und USB-Sticks-kopieren-formatieren-nächster-bitte ist es passiert: Ich habe meine im-Rechner-Backup-Platte angeklickt und formatiert. Einfach so. Blind. Und dumm. Dumm auch, dass mir das nicht SOFORT aufgefallen ist – denn knapp 20 Minuten später (wäre ich ins Bett gegangen, wäre nichts passiert, da das NAS-Backup noch da gewesen wäre!), hat meine routinemäßige Backup-Software festgestellt, dass die Platte leer ist – und nun auch das Backup auf der NAS gekillt.

Aber davon hatte ich noch nichts gemerkt – Auch nicht, als ich den Rechner nochmals gestartet habe, da die NAS sich nicht runter gefahren hat.

Machen wir es kurz: Ich musste am nächsten Tag los, mein öffentlicher Chauffeur im Nahverkehrsbereich wartet leider nicht auf mich, und meine zwei Koffer mussten ja auch noch zum „vereinbarten Treffpunkt“. Aber, der Wecker war ja auf früher gestellt, damit ich Euch den PodCast noch sprechen kann… Software auf, „Öffnen“ anklicken und das neue erstellte Intro öffnen… doch da… war nix.

Nun gut, ich bin ja auch falsch da wo ich sein möchte, also, Explorer auf und… JETZT KAM DER SCHOCK!!!!!!!!!!!!!!! ICH HATTE MEINE BACKUP-PLATTE FORMATIERT!!!!!

Jetzt schnell sein – NAS an… und: auch da hat das Backup mit der Software seinen Dienst leider getan: auch hier… ALLES WEG! (45 mins bis Abfahrt Bus)

FUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUXX!!!!!!! (Ein Schrei, den die Nachbarn NIE vergessen werden!)

Da die NAS ein rudimentäres Linux mit proprietärem Dateiformat hat, macht ein Rettungsversuch hier keinen Sinn. Also: ran an die interne Backup-Platte (Merke: Doppel-Backup-Strategie und Softwareeinsatz DRINGEND überdenken!).

Google Suche, parallel Hersteller der Platte für Datenrettung anrufen. (35 mins bis Abfahrt)

Google Suche bringt ein Tool, ich zweifle, ob das Teil nicht mehr kaputt macht, als möglicherweise repariert. Telefon: Nummer falsch. Neue Suche. Neue Nummer: das Menü wirft mich nach sieben Unterstrukturen und endlich der richtigen Auswahl wieder an den Start zurück. Erneuter Anruf, erneuter „Neustart“. Neue Google Suche, nun mit Nummer für Großkundenservice – sofort durch gekommen. (20 mins bis Abfahrt).

Lange Diskussion, dann plötzlich: sie haben eine Rettungs-Suite. Die macht nix kaputt und hat einen Tiefenscan. Demo verfügbar. Link zur Webseite: klappt nicht. (15 mins bis Abfahrt)

Link und Infos kommen, wie am Telefon versprochen, per email inkl. Fallnummer für „nach meinem Urlaub“. Schnell installiert und „einfachen Modus“ über die Platte gejagt. Fünf Minuten später die Nachricht: Keine gelöschten Daten gefunden. Scheiße! Deep Scan gestartet, nach 10 mins (noch 5 bis zur Abfahrt) aktuelle Zeitschätzung bei über 23 Stunden. Rechner ausmachen, in den Arsch beißen, los laufen.

Ich hatte nun eine Bahnfahrt Zeit, mir Gedanken zu machen, was zu tun ist. Langsam freundete ich mich auch mit einem Preis von 800 und mehr Euro für eine physikalische Datenrettung in den Niederlanden an – aber immer noch sichtlich leicht verzweifelt, ob meines „Daneben-Klicks“.

Kleiner Zeitsprung um drei Urlaubswochen:
Der Deep Scan lieferte nach einer Laufzeit von knapp zwei Tagen eine 100%-ige Wiederherstellungsrate aller Dateien der Platte – bis auf die, die bereits, als die Platte noch nicht formatiert war, im Papierkorb lagen. 6 TB oder ca. 389.000 einzelne Files. Wiederherstellungsdauer: gute 2 Tage (anfangs lief die Zeitanzeige hoch bis 28 Tage!).

Somit sollte ich, parallel zur Veröffentlichung des BlogPosts und des PodCasts dazu, meine Daten wohl wieder haben. PUH! Was für ein… Ja: GLÜCK!

Im Hintergrund habe ich meine Backup-Strategie geändert: klar will ich nur Updates von geänderten Dateien – aber ab sofort darf es keine Löschweitergabe mehr geben! Damit kann es nicht mehr passieren, dass eine erneute unbeabsichtigte Löschung der Platte zu einem kompletten Backup-Verlust führen kann.

Auch musste ich für die Wiederherstellung der Platte eine weitere Platte anschaffen: diese wird, sobald sicher ist, dass die „alte“ Platte nach beabsichtigter Formatierung wieder „rund“ läuft, mit einer frischen und sauberen Windows 10 Pro Variante bestückt und wird meine bereits vier Jahre alte intere Start-Laufwerk-Platte ersetzen – die berüchtigte C:. Damit werde ich auch endlich den ganzen vorinstallierten Mist los, der mich bisher an dem Rechner echt gestört hat.

Soweit, so gut. Das sind die aktuellen Pläne.
Während ich diese Zeilen schreibe, ist die Wiederherstellung bei 40% und wird noch gute 24 Stunden durch laufen. Ich bin gespannt, ob wirklich alles gut geht und so klappt. wie ich es mir vorstelle.
Parallel habe ich ein weiteres Tool in Petto, mit dem ich die gelöschte Platte nach der aktuell laufenden Wiederherstellung erneut bearbeiten werde – da dieses Tool die Spezialität hat, gelöschte Partitionen wieder herzustellen. Da dies aber aktives Schreiben auf der Platte erfordert, war es mir zu heikel, damit anzufangen – schließlich überschreibt jeder andere Schreibvorgang potentielle Daten, die man sonst retten hätte können – was ich durch erst Rettungs-Suite, dann zweites Tool zur Partitionswiederherstellung somit sicher umgangen habe.

LEUTE! AUGEN AUF bei schnellen Mausklicks, bei denen ja nie was schief gegangen ist und daher nie was schief gehen wird! Zack – und schon sind die Daten weg. Und dass ein Backup immer nur solange funktioniert – aus welchen Gründen auch immer! -, bis man es dringend benötigt, ist ja auch eine alte Regel aus der Sammlung von Murphy’s Law.

Ich schreibe Euch noch ein Update, wenn die Daten wiederhergestellt sind, wie es denn nun wirklich geklappt hat und was ich so an Punkten für mich mitnehme.

Und bei Euch so? Wie viele Backups produziert ihr so täglich? Oder kann bei Euch nichts schief gehen, so dass ihr keine Backups anlegt? Oder ist Euch so ein „falscher Mausklick“ auch schon mal passiert? Wie seid ihr damit umgegangen?
Ich freue mich auf Euer Feedback und Eure Rückmeldungen in den Kommentaren!!!

 

 


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