Vorvergangene Nacht schwappte, nachdem letzte Woche erste Gerüchte, dass Netflix auch in Deutschland Neukunden je nach wasfürkriterienauchimmer unterschiedliche Preise für die Pakete unter jubelt, die Info über den Teich, dass unser aller Streaming-Dienst in den USA die Preise offiziell erhöht hat. Und auch in Österreich. Und auch weitere Länder melden, Preissteigerungen. Zusätzlich die Meldung, dass Netflix seit Monaten eine Software testet, die „Account Sharing“ unmöglich machen soll… ist jetzt Weltuntergangspanik – vollkommen zurecht! – angesagt?
Mal sehen, wie viele bei dem Screenshot Schnappatmung bekommen, weil sie seit Jahresanfang ein Abo haben, das bereits weitaus teurer sein kann. Oder sind die Meldungen eher eine Finte, da Netflix seit eh und je mit verschiedenen Preisen spielt? Lasst uns mal die Fakten ein wenig begutachten:
Netflix ist aktuell Marktführer. Auch die Zahlen, die die Investoren eher gleichgültig erwischt haben, sahen gut aus. Aktuell schwächelt mal wieder das Mitglieder(neu)wachstum ein wenig, aber, dass das phasenweise immer mal wieder in einem Quartal passieren kann, hat es auch in den letzten Jahren gegeben.
Aber sehen wir mal über Netflix hinaus, um zu verstehen, was unser aller Lieblings-Streamer dazu bewegt:
In den USA ist der Streaming-Krieg, unter dem wir auch in Deutschland schon in kleinen Teilen leiden, voll entbrannt. Kaum ein Studio, und nein, ich habe nicht Warner oder Disney gesagt, dass nicht, und sei es noch so unsinnig, auch ein eigenes Angebot startet.
Was bedeutet das für unseren Liebling? Wir müssen uns an zwei Dinge gewöhnen:
- Bereits passiert bzw. läuft im Hintergrund: Disney hat Netflix die Rechte für die Ausstrahlung seiner „Sachen“ entzogen, da sie selbst an einem Streaming Dienst arbeiten und Kunden damit locken wollen, dass Disney-Sachen, und alles was Töchter wie vormals Pixar, so anbieten, nur noch bei Disney zu sehen sind.
- Filmstudios, die ihren eignen Streaming-Kanal anbieten, werde über kurz oder lang keine Kapazitäten mehr für die berühmten Netflix-Eigenproduktionen zur Verfügung stellen. Wenn die Ideen der Traumfabrik für Netflix-Produktionen also nicht abreißen, wird hier ein spürbarer baldiger Mangel an neuen Serien und Filmen eintreten.
Dazu passt auch die zweite Meldung, die eher ein wenig im Hintergrund lief: Netflix testet in den USA eine KI, eine Künstliche Intelligenz. Diese überwacht Netflix-Accounts und kann eigenständig zuordnen, ob jemand seine Zugangsdaten teilt oder nicht. Es gab bereits vereinzelte Account-Sperren, wenn ein-zwei-Account-Account verdächtig viel im Westen und im Osten der USA gleichzeitig benutzt wird.
Auch hier verteidigt Netflix seine „Policy“, in dem sie sagen: wenn so ein Verhalten zu Grunde liegt, wird der Account illegaler weise geteilt, was gehen die Nutzungsbedingungen verstößt. Also, wird der Account geschlossen, kann von dem Originalinhaber mit ein wenig Aufwand wieder aktiviert werden – in schweren Verstoß-Fällen auch nicht! – und der „Mitnutzer“ muss sich eben selbst anmelden.
Ob das wirklich passieren wird, ist die andere Sache – aber damit rüstet sich Netflix nun auf den kommenden „Krieg der Streams“: und wer mal die News aus den USA verfolgt, wird verblüfft feststellen, dass quasi täglich irgendein Studio, ein Telekommunikationsanbieter oder auch ein Sendestudio mit einem eigenen Streaming-Angebot um die Ecke kommt.
Ich unterstelle mal, dass Netflix ja nicht Netflix, und damit weltweit der (noch?) größte Streaming-Anbieter ist, ohne sowas in der Art hat kommen sehen… die Frage ist nur: wie reagiert Netflix nun darauf? Eigene Studio-Gründung? Oder mehr „special effects“ aus Software? Oder mehr Produktionen im Ausland, die dann in englisch aufgenommen und weltweit syncronisiert gezeigt werden? Oder wird es ein Arrangement mit den Studios geben?
Ich glaube nicht, dass jedes Angebot, dass aktuell mit Exklusivität nur so voll geladen wird, wirklich auf lange Sicht zum Erfolg führt. Klar, Warner sitzt auf einem Schatz neuer und auch alter Perlen, genauso wie Disney. Nur ist jetzt vielleicht die Frage erlaubt, ob diese jeweiligen Angebote nicht so sehr spezialisiert sind, dass sie zu ähnlichen Monatspreisen wie Netflix auf Dauer gar nicht monetarisierbar sind, als Streaming-Angebot? Dann würden die Studios ihre Türen schneller für Netflix öffnen, als sie sie ehemals geschlossen hatten… und Netflix könnte sich zurück lehnen und die Spiele um die neuen Preise beginnen lassen.
Auch ist eine schnelle Anbieterkonsolidierung denkbar: ein gescheitertes Angebot könnte einfach mit einem weiteren schwachen Partner zusammen gehen, damit das Angebot an Filmen und Serien verzigfachen und so mit kleiner Preiserhöhung Netflix zu schaffen machen.
Ob und wie es letztendlich kommt, werden wir abwarten müssen. Mal sehen, wer nach spitzem rechnen seine „Drohung“, mit eigenem Angebot zu starten, WIRKLICH umsetzt – und zuletzt gilt immer noch der Spruch: Konkurrenz belebt das Geschäft, und sei es nur, für uns Kunden.
Man kann also zu der Preiserhöhung und den Account-Schließungen stehen, wie man will: Netflix bereitet sich jetzt erst mal auf schlechte Zeiten vor. Dass die Preise danach wieder runter gehen, ist allerdings illusorisch – allerdings ist Netflix, im Vergleich zu dem, was aktuell verfügbar ist, gar nicht so teuer. Ich erinnere mich an maxdome oder auch an das bereits beendete watchever: verglichen mit dem, was Netflix (und auch weltweit!) zur Verfügung stellt, ist der Preis dafür wirklich (noch) günstig!
Nun denn… mögen die Spiele um die Gunst der streamenden Zuschauer beginnen! Letztenendes steuert jeder von uns als Konsument, wer gewinnt, wer verliert und ob wir alle Preismodelle, die auf uns zukommen werden, für gut oder schlecht befinden! Denkt da mal dran!
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