Jetzt ist passiert, was schon immer die schlimmste Drohkulisse war: Samsung ist nicht mehr das innovativste Unternehmen, Huawei hat als erster ein faltbares Display für ein Handy vorgestellt. Also zog Samsung nach und kam mit dem Fold auf den Markt – bewusst mit einem Termin VOR Huaweis Verkaufsstart. Keynote und Präsentation erledigt, nun also, wie immer im Vorfeld, erste Geräte an Tech-Journalisten und Influencer raus schicken… was soll schon schief gehen?
Peinlich, peinlich. Da schickst du dein neues Flagship-Product, dein Flaggschiff, in die Welt hinaus, damit Journalisten es in Ruhe testen können und – idealerweise – positive oder sogar überschwängliche Lobeshymnen darauf singen. Und klar, auch die Influencer darfst du nicht vergessen, also gehen auch hier zahlreiche Geräte auf die Reise. Und nun heißt es: warten. Warten auf die ersten Bilder des „Unboxing“, um den Hype starten zu lassen.
Und los geht es: Twitter, Internet und Instagram zeigen das Fold in freier Wildbahn:
Also, alles gut. Produkt in guten Händen, die nun nach einigen Tests und Spielereien erste Artikel und Texte ins Netz stellen werden – dann kann der Verkauf ja los gehen.
Aber dann kommt alles anders: die ersten Bilder defekter Displays tauchen auf. Natürlich grätsch Samsung schnell ein, um erste Schadensbegrenzung aus der Ferne zu betreiben. Es nutzt aber alles nichts: mit Kommentaren wie „drei mal geschlossen und geöffnet, schon war das Display defekt“ gehen Kommentare, hämische Erwiderungen und Bilder um die Welt.
Kaum zwei Tage später, Supergau: Displays flackern, zeigen Streifen oder fallen komplett aus: 2.000€ hätte es kosten sollen, nun zieht Samsung die Notbremse und verschiebt den Einführungstermin.
Es scheint diverse Gründe zu geben, warum die Displays teilweise oder sogar komplett ausfallen. In den meisten Fällen scheint es daran zu liegen, dass eine eigentlich als festverbaute Display-Schutzfolie gedachte Folie sich teilweise ablöst – wahlweise an den Ecken oder in der „Knickmitte“. Auch sind Telefone beim Auspacken bereits mit teil-gelöster Folie angekommen, so dass der Gedanke, es handle sich hier um einen Transportschutz, nahe liegt. Ein Abziehen dieser – aber – Schutz-Folie scheint die Funktionsweise der Displays bis zum Totalausfall zu stören.
Aber auch andere Probleme kommen in den Tagen danach ins Internet: anscheinend drückt das Scharnier auf das „gefaltete“ Display – was wiederum dazu führt, dass eines der beiden Displays nur noch weiß anzeigt oder komplett ausfällt.
Offiziell gibt Samsung die Faltbarkeit mit 200.000 Bewegungen an. Damit sollte das Telefon an sich schon ein wenig länger halten, als ein paar Tage nach dem Auspacken.
Auch hat Samsung mittlerweile die „erste“ Notbremse gezogen: Erste Launch-Events in China wurden abgesagt. Auch könnte der offizielle Marktstart wackeln.
Samsung trifft das zu einer ungünstigen Zeit: laut eigenen Aussagen ist das Fold seit zehn Jahren in der Entwicklung. Dass nun die Erstproduktion bei einigen Testern Probleme macht, ist nicht das, was man in Social Media erleben will. Auch hält Huawei weiterhin an seinem Termin zur Einführung des Mate X fest. Damit wäre, nach heutigem Stand, Huawei nicht nur erster in der Vorstellung sondern auch erster, mit einem faltbaren Gerät im Verkauf. Für den immer noch Branchenersten, der aber mehr und mehr Federn lassen muss, keine guten Nachrichten. Erst recht nicht, wenn man in einem wohl wichtigen neuen Markt erst als zweiter kommt…
Nicht zu vergessen: Eigentlich wünscht sich der Konsument was gänzlich anderes: wir wollen bessere Akku-Techniken, stabilere Geräte und Updates, die einen Betrieb über 12 oder maximal 24 Monate hinaus am Leben halten. Aber, die Hersteller kommen nun mit faltbaren Displays. Bei gestimmten Kundenkreisen werden diese Geräte, auch unabhängig von dem hohen Preis, erfolgreich werden. Spannend ist, wie der Massenmarkt reagiert, wenn die Geräte in ein paar Monaten preislich im Bereich aktueller Topgeräte angekommen sind.
Nun zu meiner Einschätzung:
Juhuuu: Innovation im Handy-Markt ist immer noch möglich! Fold könnte uns allen einen neuen Weg im Umgang mit mobilen Geräten ermöglichen!
Buuuuh: Fail bei der Einführung und Fail bei der Nachfrage dessen, was wir Kunden eigentlich endlich erwarten würden: Wasser- und Fall-fest, „Killerakkus“ mit mehr als 8 Stunden Laufzeit, auch bei intensiver Nutzung und endlich ein Ende der 1.000€-Preisschilder für 199€-Telefone ohne Innovation und Mehrwert.
Clou: Wenn es mal klappt und vielleicht noch ein wenig mehr Design statt Scharniere in den Mittelpunkt kommen, könnte sich hier ein interessanter Markt neben dumb-, smart- und fold-phones. Wettbewerb belebt das Geschäft, mal sehen, wie Huawei und Samsung so ankommen werden.
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